Mittwoch, 8. Oktober 2014

Fotografieren mit Cinefilm XI - oder: Lang, lang ist's her

Hallo liebe Leute,

lange war's hier still. Zwischenzeitlich hatte ich einfach wenig Motivation und keine Farbchemie im Haus.

Aber jetzt geht's gleich in die Vollen: Eine Belichtungsreihe mit dem Material, das ich nun schon seit ca. einem Jahr zu Hause liegen hab - dem Kodak Vision2 500T. Vom Rumliegen wird's nicht besser, deswegen teste ich, was immer mir gerade sinnvoll erscheint.

Was hab ich gemacht? Ein paar fertig abgefüllte KB-Patronen hab ich nun schon seit einiger Zeit rumstehen. Davon ist eine in meine Leica R4 mit dem 50er Summilux E55 gewandert und selbige aufs Stativ. Belichtungsmesser auf 500ASA gestellt und die Optik aus dem Fenster gerichtet. Dabei war bewölkter Himmel am Nachmittag. Filter hab ich keinen verwendet, es waren also recht blaue Bilder zu erwarten. Ausgangssituation war Blende f/2,4 bei 1/125s Belichtungszeit.

Warum hab ich keinen Filter benutzt? Ich wollte sehen, bei wie wenig Licht ich noch einigermaßen vertretbare Ergebnisse bekomme. Mit Filter bräuchte ich eben entsprechend 2/3 Blenden mehr Licht.

Entwickelt hab ich das Ganze diesmal im Rollei'schen Digibase-Kit aus den Softpacks (offiziell: "READY TO USE"). Das sind drei Softpacks drin, die Ähnlichkeit mit zu groß geratener Capri Sonne haben. Man muss nix mehr verdünnen bzw. ansetzen und man kann - anders als bei der Lagerung in Plastik-/Glasflaschen - die überschüssige Luft ganz einfach rausdrücken. Dadurch soll sich das Ganze länger halten. Der Spaß kostet dann ca. 20€ und man kann laut Herstellerangaben bis zu 14 Kleinbildfilme damit entwickeln. Leider geht mit 500ml auch wirklich immer nur einer gleichzeitig, da meine AP-Entwicklungsdose (Modell "Compact", die große) für zwei Stück bereits 650ml benötigt. Rollfilm 120 geht auch nicht, dafür bräuchte man 590ml. Rollfilm 127 würde gehen (460ml), aber der ist relativ exotisch. Der einzige solche (Farb-)Film, der mir bisher untergekommen ist, ist der Rollei Crossbird. Und der ist ausgerechnet eigentlich ein Diafilm. Egal.

Vor der Entwicklung ist wieder meine Soda-Prozedur zum Einsatz gekommen. Die Lösung war immernoch die damals angesetzte. Entwickelt hab ich diesmal bei 30°C statt 25°C (geht einfach schneller). Das Vorgehen war dann wie folgt:

  • 2min Vorwässerung
  • Sodalösung rein und gleich wieder raus
  • zweimal ca. 1 Minute mit klarem Wasser kräftig durchschütteln
  • 8min entwickeln, dabei die ersten 30s durchgehend kippen, anschließend alle 30s einmal
  • 1min zwischenwässern, dabei durchgehend kippen
  • 5min bleichen, dabei die ersten 30s durchgehend kippen, anschließend alle 30s einmal
  • 1min zwischenwässern, dabei durchgehend kippen
  • 5min fixieren, dabei die ersten 30s durchgehend kippen, anschließend alle 30s einmal
  • Schlusswässern: Einmal frisches Wasser einfüllen und 8x kippen.

Diese Schlusswässerung ist natürlich ein bisschen wenig. Allerdings habe ich den Film anschließend noch ein paar Minuten unter fließendem Wasser abgespült und RemJet-Reste entfernt. Während dem Aufräumen der Utensilien lag der Filmstreifen dann auch noch in einer Schüssel mit frischem Wasser, so dass ich davon ausgehe, dass der Fixierer ausreichend ausgespült ist.

Die Zeitangaben stammen aus dem beiliegenden Datenblatt der Chemie. Leider ist für die 30°C-Verarbeitung nur für die Entwicklung eine exakte Zeit angegeben, so dass ich die restlichen Zeiten nach Gefühl genommen hab. Hier im aphog-Forum werden "offizielle" Zeiten für alle möglichen Temperaturen genannt (8, 3 und 5 Minuten für's Entwickeln, Bleichen bzw. Fixieren). Der Vollständigkeit halber (und für's nächste Mal): Auch Verarbeitungshinweise werden genannt.

Trotzdem sind durchaus brauchbare Negative dabei rausgekommen. Meine Belichtungsreihe ist mit +-7 Blendenstufen erfolgt. Gescannt habe ich aber nur +-5, da die noch extremeren Bilder absolut nicht mehr verwendbar waren. Jemand mit größeren Scan- und/oder Bildbearbeitungskünsten holt vielleicht noch mehr raus, aber ich kann's nicht.

Plusminus fünf Blendenstufen heißt: Ich habe den Film von ISO16/13° bis auf ISO16000/43° geprügelt.  Dass da in den Extremen nicht immer was Brauchbares rauskommt, war mir von vornherein klar. Aber jetzt genug gelabert, hier sind ein paar Bilder (im zugehörigen flickr-Album sind alle elf). Zunächst mal das korrekt belichtete Bild:

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 500ASA belichtet
Man beachte den leicht cremigen Farbton. Man muss die Farben nach dem Scannen schon ein bisschen verbiegen. Man verzeihe mir daher die unterschiedliche Farbbalance in dieser Serie. Unter anderem habe ich auch mit Automatiken gearbeitet. Jedes Bild habe ich so bearbeitet, dass es ungefähr so wie das vorherige rauskommt. Gescannt habe ich in VueScan als 48bit-TIFF in eine dng-Datei ("Belichtung halten" & Filmgrundfarbe halten" auf ein Stück Filmsteg). Die hab ich dann in Adobe Camera RAW geöffnet. Dort musste ich bei fast allen Scans (auch den zu dunklen) die Belichtung runterdrehen, damit nichts ausfrisst. Anschließend liegt das Bild als TIFF im Photoshop vor und kann malträtiert werden. Jedes Negativ habe ich mit Staub- und Kratzerentfernung auf "Stark" mit 6400dpi gescannt, dann auf 2048 Pixel an der langen Seite runterskaliert und schließlich nachgeschärft. Das war bei den normal und reichlich belichteten Bildern notwenig, hat den ohnehin sehr körnigen unterbelichteten aber nicht unbeding gut getan.

250ASA und 125ASA sind überhaupt kein Problem; 64ASA sind abhängig von der Ausgabegröße auch noch passabel. 

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 64ASA belichtet
Bei 32ASA und 16ASA waren die Farben kaum noch bzw. gar nicht mehr in den Griff zu kriegen. Aus mir unbekannten Gründen nimmt auch mit zu starker Belichtung das Korn wieder zu. Ich nehme aber an, dass das durch meinen "High-End-Scanner" begründet ist.

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 16ASA belichtet
Jetzt geht's auf die dunkle Seite - Unterbelichtung. Bei 1000ASA wird die Sache schon körniger. Dafür war das Weiß der Garage wesentlich genauer hinzubekommen. Grundsätzlich sehr gut verwendbar. Mit weniger Nachschärfen wäre das Korn auch wesentlich weniger betont worden. 2000ASA sind schon unschöner, aber ich denke, da hätte ich noch ein bisschen was am Kontrast drehen sollen. Bei 4000ASA gehen schon sehr deutlich Details verloren. Am deutlichsten ist das am kleinen Strauch mittig im Bild zu erkennen.

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 4000ASA belichtet
Bei 8000ASA ist er dann kaum noch zu erkennen, um schließlich bei 16000ASA ganz im Rauschen unterzugehen. Wie schon gesagt, ist Nachschärfen bei den unterbelichteten und sowieso schon körnigen Bildern kontraproduktiv. Stattdessen wäre man denke ich mit Entrauschen besser beraten. Für die ganz Harten hier das 16000er-Bild:

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 16000ASA belichtet
Ein bisschen was erkennt man ja schon irgendwie noch. Farben gehen aber fast vollständig verloren. Das fällt für mich unter die Kategorie "muss man mögen". In Schwarzweiß umgewandelt und auf die Schnelle entrauscht kann man mit gutem Willen noch etwas mehr damit anfangen, aber auch nicht viel:

Kodak Vision2 500T ohne Filter auf 16000ASA belichtet in Schwarzweiß
Um aus weit über- bzw. unterbelichteten Bildern mehr rauszuholen, wäre wohl eine Pull- respektive Push-Entwicklung anzuraten. Alan Marcus erwähnt im Forum von photo.net Zeiten für das Pushen. Robert Vonk erwähnt die zugehörige Temperatur von 37,8°C. Sie sei genau einzuhalten, da man sonst Farbverschiebungen bekäme. Hier die genannten Zeiten:
  • Normalentwicklung: 3:15min
  • Push 1: 3:45min
  • Push 2: 4:15min
Vereinfacht gesagt, werden also für jede ISO-Stufe 30s addiert. Das sind ganz grob: 15% Aufschlag für eine Stufe und insgesamt 25% für zwei Stufen. Vielleicht ist das ein Ansatzpunkt für die Entwicklung bei 30°C.

Aufgefallen sind bei den Bildern mit 2000ASA, 4000ASA (ganz leicht) und 16000ASA helle Streifen. Die stammen wahrscheinlich von RemJet-Rückständen, die sich auf die Emulsion gelegt haben. Die unterbelichteten Bilder waren hinten auf dem Film. Möglicherweise sollte man den Film also nicht komplett vollschießen.

Ja, das war's erstmal wieder für heute. Ich versuche, in nächster Zeit wieder öfter was zu schreiben. Wie immer gilt: Wenn Fragen sind, immer fragen!

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