Dienstag, 31. Dezember 2013

Fotografieren mit Cinefilm VIII - oder: Heckmeck, Dreck weg!


Es gibt wieder Neuigkeiten hinsichtlich rem-jet, liebe Leser!

Und zwar habe ich mich vor einigen Tagen mal für ein paar Stunden in die Küche gestellt und mit Waschsoda herumexperimentiert. Klar war ja bereits, dass diese Kohle-Polymerschicht in einem Millieu mit erhöhtem pH-Wert löslich wird. Nach diesem Datenblatt erreicht eine zehnprozentige Lösung von Waschsoda in Wasser einen pH-Wert von ca. 11,5. 

Nun, ich habe viele verschiedene Dinge ausprobiert: Kaltes und warmes Wasser, ganz wenig bis ganz viel Waschsoda, schwaches und starkes Schütteln, Nachspülen unterm Wasserhahn und bloßes Schwenken in klarem Wasser. Gelöst habe ich das Waschsoda in 250ml Wasser; der Übersichtlichkeit halber gebe ich die Mengen im Folgenden aber stets pro Liter an.

Es nützt nicht viel, wenn die rem-jet-Schicht unter stark fließendem Wasser runter geht, aber nicht durch Schütteln in der Entwicklungsdose. Daher habe ich die Experimente daraufhin optimiert. Ich habe keine Lust, im Dunkeln mit einer großen Schüssel Wasser etc rumzuhantieren. Das Ziel war eindeutig, dass die Beschichtung durch ein Vorbad in der Dose runtergeht, das vor die eigentliche Entwicklung geschaltet wird.

Das für mich ideale Vorgehen habe ich durch die Tests gefunden, und es sieht folgendermaßen aus:
  • 20 gehäufte Teelöffel Waschsoda (kalziniert) auf einen Liter mit Wasser auffüllen.
  • Diese Lösung kommt dann noch vor der Vorwässerung des C-41-Prozesses in die Entwicklungsdose.
  • Kaum da die Lösung in der Dose ist, diese gleich wieder in den Vorratsbehälter zurückkippen.
  • Klares Wasser in die  Entwicklungsdose einfüllen und sofort ununterbrochen 30 Sekunden lang kräftig in alle Richtungen schütteln. 
  • Das Zwischenwasser ausgießen und den nun quasi rückstandsfreien Film dem weiteren C-41-Prozess zuführen (Vorwässerung, Entwickler, Zwischenwässerung, Bleichen, ...)

Ich habe das Ganze mit einem Testfilm durchgespielt, bei dem ich eine komplette Belichtung zur Erleichterung der optischen Prozesskontrolle in Kauf nahm. Nach der dem Sodabad folgenden Wässerung bot sich mir folgendes Bild:


Die Filmrückseite ist durch die Vorbehandlung hervorragend vom Rem-Jet befreit.


Ein paar Anmerkungen dazu:
  • 20 gehäufte Teelöffel kalzinierte Soda entsprechen meiner Dosierung zufolge etwa 100g. Das ergibt dann zufällig auch die zehnprozentige Lösung aus dem oben verlinkten Datenblatt. Indikatorstreifen oder ähnliches hab ich keine und Chemie war auch wirklich nie mein Fach, aber da habe ich wohl eine Lösung mit dem pH-Wert 11,5 gezaubert.
  • Die Sodalösung kann man mehrfach benutzen. Wie oft ist noch nicht klar. Nach ein paar Testläufen habe ich jedenfalls noch keine Verschlechterung feststellen können.
  • Ideal wäre es natürlich, wenn auch die Lösung als neuer Teil des Prozesses auf die spätere C-41-Prozesstemperatur gebracht würde (bei mir 25°C). Es funktioniert aber auch bei kälteren Temperaturen.
  • Äußerst interessant: Es tritt keinerlei Verbesserung bzw. kein weiteres Entfernen der Schicht auf, wenn man die Prozedur wiederholt. Einmal auf der Filmrückseite verbliebenes Rem-Jet geht ohne mechanisches Reiben nicht wieder runter!
  • Bei meinen Vorversuchen hat sich herausgestellt, dass sich die Beschichtung nicht komplett entfernen lässt, wenn man beispielsweise einen Filmstreifen nach der Sodalösung ins anschließende Wasserbad taucht und wieder herauszieht, ohne alles abzuwaschen. Es scheint, dass man keine Chance mehr hat, sobald der Film einmal "zu lange" aus dem Wasser draußen ist. Wie lange "zu lange ist", ist fraglich. Anscheinend gibt es aber durch den Kontakt mit Luftblasen beim Schütteln der Entwicklungsdose keine Probleme.
  • Ich habe zwar einen ganzen Liter Sodalösung angesetzt, aber immer nur ca. 500ml davon benutzt, da alle Versuche stets mit nur einer Spirale gelaufen sind. Ob das Entfernen mit dem Schütteln der Dose und allem Drum und Dran bei zwei Spiralen und "voller Dose" genauso gut funktioniert, ist noch nicht geklärt.
  • Nicht wundern, wenn die Sodalösung nicht grau/schwarz aus der Dose kommt. Die Färbung bekommt erst das Wasser der anschließenden Wässerung ab:

Das Wasser der anschließenden Wässerung aufgefangen.
 
Ein bisschen Rem-Jet ist bei einer der hinteren Wicklungen des Films leider doch zurückgeblieben.


Die Rückstände ließen sich aber durch sanftes Wischen mit dem Finger unter laufendem Wasser sehr leicht entfernen. Möglicherweise wäre es auch ganz einfach durch eine zweite Wässerung weggegangen, die ja mit der ordentlichen Vorwässerung des C-41-Prozesses ohnehin folgt.





Was zudem noch nicht getestet ist, sind die Auswirkungen des Sodabads auf die Filmemulsion. Das hier Gezeigte erlaubt noch keine Beurteilung, ob die Qualität der Negative unter dem Prozedere leidet. Hierfür muss noch ein Versuch mit einem tatsächlich belichteten Film durchgeführt werden. Alles in allem bisher aber ein Erfolg. Wie immer gilt: Wenn Fragen sind, immer fragen!

Viel Spaß mit den Ergebnissen; ich wünsche allen meinen Lesern einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Samstag, 14. Dezember 2013

Fotografieren mit Cinefilm VII - oder: Wer hat Angst vorm schwarzen Mist?

Kinder, es ist wieder soweit - Artikelzeit. Diesmal geht's um das leidige Thema Rem-Jet-Entfernung.

Nachdem bei meiner ersten Cinefilm-Entwicklung ja vermutlich Rem-Jet-technisch ein bisschen was in die Hose bzw. auf die Emulsionsseite gegangen ist (vgl. hierzu vor allem die dunklen Bilder in meinem flickr-Album), war klar, dass die Schicht am besten vorher runter muss. Wie schon im zweiten Artikel erwähnt, fand ich - ebenfalls auf flickr - den Hinweis, dass die ganze Gymnastik mit Hilfe von Soda relativ gut zu absolvieren sein soll. "Baking Soda", was ich frei mit "Natron" übersetzt habe, war nicht im Haus, so dass ich auf Waschsoda zurückgegriffen habe:

Hat mich keine zwei Euro bei Rossmann gekostet.

Das ist angeblich eh noch etwas basischer. Die Kodak-Spezifikation verlangt unter anderem zwar nach Kaliumcarbonat bzw. -bicarbonat, aber der Ausschlag gebende Punkt ist denke ich einfach, dass das Vorbad alkalisch sein muss, um die Rem-Jet-Beschichtung anzulösen. Und das kriegt man mit Waschsoda aka Natriumcarbonat auch gut hin.

Ich habe einen Filmstreifen abgeschnitten, der auch die realistische Länge von ca. 36 Bildern hatte und auf eine Spule gefädelt. Diese kam dann auf die "Mittelsäule" der AP-Entwicklungsdose und wurde mit dem dafür vorgesehenen Clip in der unteren Position fixiert. Alsdann habe ich die Dose bei nicht aufgesetztem Deckel bis ca. einen Zentimeter über Spulenhöhe mit wasserhahnmaximalwarmem Wasser gefüllt. Dort kamen dann fünf Teelöffel Waschsoda rein und wurden unter Rühren gelöst (ging schnell). Schnell war auch die Filmspule mit Mittelsäule reingepackt und der Deckel aufgeschraubt. Dann habe ich die ganze Dose ca. 30 Sekunden lang wirklich heftig in alle Richtungen geschüttelt und anschließend noch eine Minute stehen gelassen.

Beim Auskippen ergoss zwar leicht rosa- bis lilafarbenes Wasser ins Waschbecken, aber zu meinem Entsetzen war es kein bisschen schwarz bzw. grau. Da der Film sowieso zum Testen geopfert werden sollte, habe ich die Dose geöffnet und mir den Film angeschaut bzw. ihn begrabbelt. Die Rem-Jet-Schicht war zwar noch komplett unversehrt, bei leichtem Drauflangen ging aber ganz locker was ab. Also wieder zugeschraubt, erneut wasserhahnmaximalwarmes Wasser rein und wieder geschüttelt wie gehabt. Ohne große Hoffnung das Wasser ausgegossen und - o Wunder - es ergoss sich eine deutlich graue Brühe ins Waschbecken. Nach der ersten Betrachtung sah das Ganze dann so aus:

Schon ganz schön gut.

Zufrieden gegeben habe ich mich damit allerdings noch nicht, sondern wollte es genauer wissen. Also hab ich diesmal satte 20 Teelöffel Waschsoda im Wasser aufgelöst (da bremst's beim dran Riechen) und wieder geschüttelt wie ein Blöder. Beim anschließenden Spülen mit Wasser kam das Wasser allerdings relativ klar raus. Ein bisschen grau vielleicht noch, aber wirklich nur marginal. Etwas enttäuschend, aber ich war doch froh über den Erfolg, den ich mit so einfachen Mitteln erreichen konnte. Entspult bot sich mir dann folgendes Bild:

Im Ganzen nichts Neues.

Interessant ist vielleicht die "anders lilane" Stelle etwas links von der Mitte, neben den großen Rem-Jet-Resten. Dort habe ich vor der Waschsoda-Prozedur mit Seife eine kleine Stelle von der Beschichtung befreit. (die Leser des zweiten Artikels erinnern sich vielleicht). Warum sich hier eine leicht andere Färbung ergeben hat, kann ich mir bisher nicht erklären. Um ehrlich zu sein, habe ich auch nicht großartig darüber nachgedacht.

Das hat alles also alles ziemlich gut funktioniert und unter laufendem, warmem Wasser ging mit ganz leichtem Rubbeln (auch ohne Seife) der restliche Dreck locker-flockig vom Film runter. Doch wo Licht ist, ist auch Schatten:

Wär ja auch zu schön gewesen.

Wie man leicht sieht, hat sich auf der Emulsionsseite leider ein bisschen Rem-Jet festgesetzt. Ich bin mir sicher, dass dadurch auch die eingangs erwähnten Flecken auf den Bildern des ersten Films entstanden sind. Da ich erstmal keine Zeit mehr hatte, habe ich versucht, dem Problem am nächsten Tag beizukommen und habe ganz schmerzfrei mit mittlerer Gewalt unter fließendem, warmem Wasser über die betreffenden Stellen gerubbelt. Mit viel Geduld gingen die Verschmutzungen auch ganz gut weg. Für wertvolle Negative wäre mir das aber viel zu heikel! Vielleicht wäre es besser gegangen, bevor der Streifen getrocknet war und die Schicht auf der Emulsionsseite festgebacken ist.

Um es mit Dagobert Ducks Worten zu sagen: "Dies zu dem." Inzwischen ist auch die zweite Rolle Vision2 entwickelt, die ich wie bereits erwähnt auf 1600 ASA belichtet habe. Und die habe ich selbstverständlich auf die beschriebene Art und Weise vorbehandelt. Aber das beschreibe ich ausführlicher in einem weiteren Artikel. Bis dahin gilt wie immer: Wenn Fragen sind, immer fragen!